Der folgende Impulstext stammt von Ruedi Schmid (Optimus). Vielen Dank.
Der Glaube an Wunder führt zu den religiösen Auswirkungen
Weil Wunder unerklärbar sind, ist der Glaube an Wunder durch nichts eingeschränkt. Dadurch können die vielfältigsten Sekten entstehen und Menschen beliebig beeinflusst werden. In der Folge kann dies zu den gütigsten Menschen bis zu den schlimmsten Terroristen führen.
Nicht der Glaube an Gott ist entscheidend
Wenn man Unerklärbares als Wissensmangel betrachtet, gibt es keine Wunder, und wenn es keine Wunder gibt, braucht es keinen Gott. Ungläubige haben nichts gegen Gott, sie glauben nur, dass Unerklärbares ein Mangel an Wissen ist.
Wie Unmögliches zur absoluten Wahrheit wird
Wenn man alles, was man nicht erklären kann, als Wunder betrachtet, dann gibt es nichts mehr zu erklären. Dann glaubt man, die absolute Wahrheit zu kennen. Hinzu kommt, dass auch Unmögliches als Wunder vorstellbar ist. Damit wird einzig durch den Glauben an Wunder Unmögliches zur absoluten Wahrheit.
Die Vorstellung eines Zauberers macht‘s möglich
Obwohl Wunder unerklärbar sind, werden sie von Gläubigen als Erklärung aufgefasst. Und dies mit der Überzeugung, dass wissenschaftliche Erklärungen oft als falsch beurteilt werden. Und als böswilligen Angriff auf die unerklärbare Welt der Wunder. Aber wie kann man das Wort Wunder, das ein unerklärbares Phänomen bezeichnet, als Erklärung auffassen? Die Vorstellung eines Zauberers macht‘s möglich. Während für Gläubige der Zauberer die Erklärung ist, erfolgt für Ungläubige die Erklärung erst durch den Trick.
Gottes Zaubertrick ist aber bekannt
Laufen können wir nur lernen, weil sich die Schwerkraft immer gleich verhält. Kinder können wir nur kriegen, wenn die weibliche Eizelle durch die männliche befruchtet wurde. Erfahrungen können wir nur von Vorgängen sammeln, die sich in Zukunft wiederholen. Alles hat eine vorgegebene Ordnung, während eine auf Wunder basierende Welt in einem völligen Chaos enden würde. Gott hatte gar keine andere Wahl als die Welt mit Hilfe der Naturgesetzordnung aufzubauen und zum Funktionieren zu bringen. Dadurch kennen wir den Trick Gottes, und das Unerklärbare beschränkt sich auf die Entstehung der Naturgesetze, was man, wie Einstein und Spinoza, entsprechend dem Pantheismus als Gottes Offenbarung der gesetzlichen Harmonie des Seienden betrachten kann. Der Streitpunkt zwischen Wissenschaft und Religion ist nicht Gott, sondern nur, ob Gott ohne den Trick der Naturgesetze zaubern kann.
Gott als Machtmittel, um Menschen zu beeinflussen
Ein Gott, der wie beim Pantheismus alles bedeutet, eins mit Kosmos und Natur und damit auch im Inneren des Menschen zu finden ist, wird von fast allen Religionen nicht akzeptiert und als Missbrauch des Wort Gottes verurteilt – und gern als aufgepeppten Atheismus verhöhnt. Das zeigt mehr als deutlich, dass der Religionsgott nicht als Daseinserklärung dient, sondern als Machtmittel, um mit Zuckerbrot und Peitsche Menschen zu beeinflussen. Deshalb die Idee von Himmel und Hölle. Abgesehen von dieser Strategie der Belohnung und Strafe ist kein Zusammenhang mit Gott zu erkennen.
Der Glaube an Wunder blockiert die geistige Entwicklung
Früher waren noch Blitz und Donner unerklärbar. Hätten unsere Vorfahren solche Ereignisse als Wunder beurteilt, hätte sich der Mensch nicht vom Tier abgehoben. Auch würde der Geist eines Kindes im aktuellen Zustand verharren, wenn es seine Wahrnehmungen als Wunder betrachten würde. Der Glaube an Wunder entsteht erst später durch Gehorsam, Respekt, Verlockung oder Angsteinflössung. Viele schaffen aber diesen Schritt nicht, und so begründete z.B. Einstein seine Besonderheit damit, dass er noch nicht aus seiner Kindheit herausgewachsen sei.
Wunder sind einfach zu widerlegen
Vorgänge, die reproduzierbar sind oder sich regelmässig wiederholen, sind keine Wunder, weil sie nach Gesetzen der Natur funktionieren. Dabei ist eine Kenntnis der Naturgesetze nicht erforderlich. So ist z.B. die Regelmässigkeit der Vakuumfluktuation bereits ein Beweis, dass die Entstehung von Materie aus dem Nichts kein Wunder ist.
Auch Zufälle sind keine Wunder
Zufälle verhalten sich wie Wunder, sie sind weder nachvollziehbar noch reproduzierbar und folglich auch nicht vorhersehbar. Dies nährt den Verdacht eines überirdischen Einflusses, welcher meist als Glück oder Pech empfunden wird. Zufälle entstehen aber durch unbestimmbare Faktoren, die erklärbar sind. Beim Würfeln entsteht so die Zufallszahl wegen der unbestimmbaren Wurfbewegung. Weil aber die Wurfbewegung durch die Naturgesetze erklärbar ist, kann man alle überirdischen Einflüsse ausschliessen.
Auch Wunderheilung ist widerlegbar
Heilungsphänomene werden oft auf Wunder zurückgeführt. Aber die Placebo-Experimente, die von Scheinmedikamenten über Scheinbehandlungen bis zu Scheinoperationen reichen, zeigen deutlich, dass ein positiver Gemütszustand der Hoffnung die Ursache ist. Heute lässt sich dank moderner Technik die heilenden Botenstoffausschüttungen als Funktion des Gemütszustandes sichtbar machen. Die Heilwirkung erfolgt also durch eine erklärbare irdische Ursache und nicht durch eine unerklärbare überirdische. Der Glaube an ein Wunder kann jedoch die Hoffnung verstärken, was die Heilwirkung verbessert. Ein Vorteil, den man durch die Erkenntnis verliert.
Vorteil des Wunderglaubens
Hoffnung kann – wie oben begründet – heilen, die Gesundheit fördern, Leid mindern, aus der Verzweiflung helfen und motivieren. Solange die Hoffnung nicht erlischt, ist sie eine der besten Lebenshilfen. Dabei ermöglicht der Glaube an die Unsterblichkeit Hoffnung bis ans Lebensende, und mit dem Glauben an Wunder kann man aus jeder noch so aussichtslosen Situation Hoffnung schöpfen.
Das Beste für die Menschheit
Kant zeigte mit seinem Werk: „Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft“, dass ein vernunftorientierter Religionsglauben das Beste für die Menschheit wäre. Aber leider berufen sich die Religionen auf historische Wundererzählungen und die Glaubensgelehrten streiten sich um Wahrheitsauslegungen, wobei ihnen das menschliche Wohl egal ist. Solange die Religionen aufs falsche Ziel setzen, können sie die Vorteile des Glaubens nicht nutzen.
Aber auch die Naturwissenschaften setzen aufs falsche Ziel
Wie herrlich und intellektuell spannend uns auch die Erkenntnis der Wirklichkeit erscheinen mag: Würden wir uns einseitig auf sie konzentrieren, würde dies zu einer trostlosen rationalen Erfassung unseres Daseins führen. Aber nur über die Wissenschaft kann man zur praktischen Vernunft gelangen und herausfinden, was für die Menschheit am besten ist.
Chancenlose Vernunftreligion
Weil es dem Glauben an Vernunft fehlt und der Vernunft am Glauben, können die Vorteile des Glaubens nicht genutzt werden. Deswegen hatte Kants Vernunftreligion keinerlei Chancen, und weil Kant wegen seiner Vernunft nicht an Gott glaubte, konnte auch er davon nicht profitieren.
Schlussfolgerung
Die Weichen, ob man fähig ist, an Wunder zu glauben, werden hauptsächlich in unserer Kindheit gestellt und es bleibt uns nichts anderes übrig, als aus dem, was man glauben kann, das Beste zu machen. Dabei bietet der Glaube an Wunder unbegrenzte Möglichkeiten, aber da er sich nicht nach der Vernunft richtet, kann er leicht in die Unvernunft abgleiten. Dann haben Macht- und Habgierige leichtes Spiel. Um Opfer zu vermeiden, scheint Aufklärung nach der Art von Hugo Stamm das Beste zu sein.