
Bischof Vitus Huonder an der Veranstaltung «Miteinander Kirchen bauen», 2. Juni 2013. Keystone/Steffen Schmidt)
Was unterscheidet einen Christen von einem anderen Christen? Nichts, sollte man meinen. Ein Christ ist ein Christ. Er glaubt an Gott, an Jesus, seinen Sohn und an die Bibel, die den Rahmen des Glaubens absteckt und die Dogmen vorgibt.
Wenn man aber das Trauerspiel und das ökumenische Abendmahl in der Kirche von Gfenn bei Dübendorf vom vergangenen Wochenende betrachtet, wird klar: Ein Christ ist eben nicht ein Christ. Er ist ein Orthodoxer, ein Katholik, ein Protestant. Dazwischen klaffen Welten.
Konkret: Der erzkonservative Churer Bischof Vitus Huonder verbot zwei katholischen Geistlichen durch die Blume, an der Versöhnung der Christen beim ökumenischen Abendmahl teilzunehmen. Denn für die konservativen Kirchenoberen in Chur und im Vatikan sind nur die Katholiken wahre Christen. Die beiden Katholiken wussten zwar, dass für Huonder ein ökumenisches Abendmahl des Teufels ist, sie wollten aber ein Zeichen zur Versöhnung der christlichen Kirchen setzen. Doch sie knickten schliesslich unter dem Druck von Chur ein und nahmen nicht am gemeinsamen Abendmahl ein.
Die Ökumene ist das wichtigste Instrument zur Verständigung zwischen den christlichen Gemeinschaften. Seit Joseph Ratzinger die Kirchenpolitik prägte, harzt es erst recht bei den ökumenischen Bemühungen. Der deutsche Papst anerkannte die andern Gemeinschaften schlicht nicht als Kirchen an. Damit sät die katholische Kirche Zwietracht und signalisiert, dass sie sich als die einzig legitime oder wahre christliche Kirche versteht.
Wie soll auf der Welt religiöser Friede entstehen, wenn es nicht einmal die zivilisierten Christen in der Schweiz schaffen, gemeinsam das Abendmahl zu feiern? Hier zeigt der Glaube seine hässliche Seite: Es geht um Alleinanspruch auf den vermeintlichen richtigen christlichen Glauben, Macht von oben, egozentrische Ansprüche und Selbstherrlichkeit.
Wenn die katholische Kirche weiterhin einen solchen Absolutheitsanspruch stellt, ein derartiges Machtgebaren an den Tag legt und die Einheit der Christen untergräbt, manövriert sie sich weiter ins Abseits und verliert zusätzlich an Einfluss und Glaubwürdigkeit. Die Freikirchen wird’s freuen. Wenn sich die grossen christlichen Kirchen nicht zu einer gemeinsamen Kultur finden, werden diese auch bei uns ihr Territorium ausweiten. Wie in Afrika und Südamerika.